Abisko

Lappland und die Samen

Ich muss schon sagen, so langsam professionalisieren wir uns. Man kann einen deutlichen Kompetenzzuwachs im Inhaltsfeld Naturbeobachtung verzeichnen. Ein Indikator hierfür ist das Verwenden von mittlerweile zwei Apps zur Polarlichtvorhersage.

Mit anderen Worten: Wir waren gestern Abend noch sehr erfolgreich beim Polarlichtaufspüren. Klaus hat mit Stativ und guter Kamera wirklich tolle Fotos gemacht. Weil die Sauna unten am See, wo wir die Fotos machen wollten, in Benutzung und damit erleuchtet war, und zudem im Bereich vor der Sauna ein Lagerfeuer brannte, hatte ich leider keine Ablagemöglichkeit für mein Handy, was natürlich in verwackelten Bildern resultierte.

Das war aber nicht weiter schlimm. Wir haben auch ein wenig mit Lichtkunst experimentiert. Um den Weg zum See zu finden, hatten wir die Stirnlampen dabei, die auch über rotes Licht verfügen. Das ist zum Polarlichtsuchen besser als weißes geeignet, weil sich die Augen nicht so stark anpassen und der Wechsel zwischen Licht und Nachthimmel etwas abgemildert wird. Und das rote Licht kann man auch schön zweckentfremden:

Es waren wirklich tolle Polarlichter zu sehen, aber nach ungefähr einer Stunde waren wir so durchgefroren (vor allem jeweils die rechte Hand), dass wir trotz Glöggs wieder ins Haus gegangen sind. Außerdem mussten wir noch in Deutschland gute Nacht und in Neuseeland guten Morgen sagen.

Heute morgen waren wir zwar früh wach, sind aber trotzdem erst um kurz vor zehn losgekommen. Eigentlich wollten wir früher los, weil unsere heutige Wanderung mit 14 Kilometern recht lang war- im Schnee kommt man ja auch nicht so schnell voran..

Andererseits haben uns die Temperaturen – -12 Grad!!- natürlich Beine gemacht.

Nach kurzer Zeit sind wir bereits an dem rekonstruierten Samen-Lager eingetroffen. Die Samen sind ja die Ureinwohner der nördlichen skandinavischen Regionen. „Lappen“ als Bezeichnung für diese Menschen wird als abwertend verstanden.

„Die rund 90.000 bis 140.000 Samen leben im Norden von Norwegen (60.000–100.000), Schweden (14.600), Finnland (9.350) und Russland (1.991).“

Samen leben auch heute noch oft von der Rentierzucht.

„Der Beginn der Rentier-Domestikation in Nordeuropa wird in die Zeit zwischen 1800 und 900 v. Chr. datiert. […]

Etwa seit dem 17. Jahrhundert löste die nomadische Rentierwirtschaft der Bergsamen die Jagd ab und wurde zur Grundlage der samischen Subsistenz.

Anders als beim Vieh handelt es sich beim Rentier nur um ein halbdomestiziertes Tier. Die Tiere folgen wie ihre wilden Vorfahren den natürlichen jahreszeitlichen Wanderrouten zwischen Waldland und Gebirge. Der Eingriff durch den Menschen beschränkt sich dabei auf das Trennen der schlachtreifen Tiere von der Herde sowie auf den Schutz vor Raubtieren, so dass im Wesentlichen eine natürliche Auslese stattfindet.“

Wir haben hier am Rand des Nationalparks Gehege

gesehen, aber nicht heraus gefunden, für welche Tiere sie genutzt werden. Der Höhe der Zäune nach zu urteilen, müssen es relativ große Tiere sein- Rentiere möglicherweise?

Einen wichtigen Hinweis habe ich noch auf visitsweden.com gefunden: „Frage niemals nach der Anzahl der Tiere: Das ist in der samischen Kultur ein unhöflicher Fehltritt.“ 🤣

Leider haben die Samen, wie viele indigene Völker, eine leidvolle Geschichte.

„Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre vertraten die Regierungen Norwegens und Schwedens die Auffassung, die „Samenrasse“ müsse bevormundet werden, da sie nicht in der Lage sei, eine höhere Kulturstufe einzunehmen. Die Samen wurden dergestalt „beschützt“, dass unter anderem sogenannte Nomadenschulen einrichtet wurden, in denen samische Kinder auf einfachem Niveau unterrichtet wurden; zudem wurde den Samen verboten, in „richtigen“ (rechteckigen) Häusern zu wohnen. Gleichzeitig wurde in allen vier Ländern (Norwegen, Schweden, Finnland, Russland) die Verwendung der samischen Sprachen in den Schulen verboten. […] Die ursprüngliche Religion der Samen bis zur Christianisierung gehört zum klassischen Schamanismus/Animismus der zirkumpolaren Völker, die alle Erscheinungen in der Natur als beseelt betrachten und die den Kontakt zur Geisterwelt über einen Schamanen suchen.“ (natürlich Wikipedia)

Mittlerweile bemüht man sich um Respekt für die samische Kultur, z.B. durch das von uns besuchte Camp.

Wir haben im Sami Camp einige „Gebäude“ der Samen kennen gelernt:

Auch wenn diese Hütten wirklich kunstvoll gebaut wurden, möchte ich bei -30 Grad lieber nicht in ihnen übernachten müssen… heutzutage sind aber die allermeisten Samen sesshaft.

Unsere Wanderung hatte heute den Paddus zum Ziel.

Wie gestern auch, führte und der Weg durch eine wunderbare Winterlandschaft:

Wir fühlten uns an die Gipfel der Alpen erinnert, als wir auf einem Hügel

so etwas wie ein Gipfelbuch fanden. So gut wie es bei -12 Grad ohne Handschuhe ging, haben wir uns dort verewigt:

Der Paddus (Paddusstievva) bildet als Opferplatz der Sami einen kleinen Hügel inmitten der weitläufigen Landschaft östlich des Abisko-Nationalparks in Schwedisch Lappland. Im Hintergrund liegt ca. 7km vom Paddus entfernt die Lappenpforte, die von Weitem wie eine Bergscharte wirkt.

Lapporten ist der schwedische Name für diesen Ort.

Lapporten ist ein sogenanntes Trogtal oder U-Tal, das aus den beiden Bergen Tjuonatjåkka und Nissuntjårro gebildet wird. Der Tjuonatjåkka hat eine Höhe von 1554 m, der Nissuntjårro erhebt sich auf 1738 m. Dazwischen befindet sich eine Talsohle, die etwa 1000 m über dem Meeresspiegel liegt und etwa 2 km breit ist. Inmitten dieses Tales befindet sich der See Cuonjájávri. Lapporten bildet das Wahrzeichen von Lappland und gehört zu den am meisten fotografierten Motiven in Lappland. Es ist auch wirklich sehr eindrucksvoll!!

Wir waren erst um kurz vor 13:00 Uhr da, weshalb ich es schon wieder ein bisschen eilig hatte. Klaus hatte allerdings die Ruhe weg, und machte sehr viele (und wahrscheinlich sehr schöne) Fotos.

Ich habe mir die Wartezeit in Anknüpfung an gestern Abend mit etwas Kunst vertrieben:

Klaus und ich mussten beide daran denken, wie Marlene mit etwa 2-3 Jahren ihren ersten Schneeengel gemacht hat. Sie wusste allerdings nicht, dass man sich dazu auf den Rücken legen muss. Das Geschrei, weil ihr Gesicht vom Schnee eiskalt war, war natürlich sehr groß! Das würde ihr heutzutage wohl nicht mehr passieren- und nicht nur aufgrund des Klimawandels…

Folgendes Kunstwerk stammt allerdings weder von Klaus noch von mir (selbst wenn ich wollte, ich glaube, das wäre mir zu schwierig…):

Einen Hinweis auf die Produktionsweise gibt die hellgelbe Färbung…

Dass es doch Tiere, auch größere als Hasen, im Nationalpark gibt, konnten wir heute abschließend feststellen:

Für mich ist das eindeutig ein Rentierschädel!!

Wir waren erst kurz vor zwei in der Dämmerung zu Hause, obwohl wir uns ziemlich beeilt hatten. Weil sich der Himmel zuzog, werden wir heute Abend wohl die Sauna besuchen…

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